lilan
Meine amerikanische Cousine liegt seit vier Jahren im Bett und kann das Haus nicht mehr verlassen. Früher waren ihre Schuhe immer sofort abgelaufen, so rasant war ihr Gang. Ihr Bett steht nur ein paar Straßen von mir entfernt, aber oft ist sie zu schwach, um Besuch zu bekommen. Manchmal macht sie mir die Tür in einem flauschig-pinken Einhornkostüm auf, um uns beide zum Lachen zu bringen, manchmal hockt sie auf der Schwelle, weil selbst die Minute Stehen ihr zu viel Kraft raubt. Sie ist der tapferste Mensch, den ich kenne, und einer der witzigsten. Wie sie es schafft, in dieser Dunkelheit noch Sinn für Einhörner und all die skurrilen Kleinigkeiten des Lebens zu haben, weiß ich nicht.

Als es noch nicht so schlimm war, hatte sie einen Buchvertrag mit Fischer, einen von der glamourösen Sorte. Doch selbst das Schreiben ist inzwischen zu anstrengend. Dabei kann sie schreiben, sie kann schreiben und sie kann malen. Sie kann das. Sie hat diesen Blick aufs Leben, der so schräg wie präzise ist. Alles ist da, aber die Krankheit ist größer.

Doch seit letzter Woche hat sich ein Loch geöffnet. Größer ist die Krankheit immer noch, viel größer, aber sie hat jetzt doch etwas geschrieben und doch etwas gemalt, und dass sie das geschafft hat, ist so groß, dass ich es kaum fassen kann. Seit letzter Woche hat sie einen Blog. Wieviel das für jemanden bedeutet, dem ein offenes Fenster zu viel Wirbel ist, wissen wir alle nicht. Aber hier ist er: Take these broken wings.

Bei jedem neuen Text und jedem neuen Bild muss ich mich eine Weile ans offene Fenster stellen, damit diese Mischung aus Freude und Trauer, die ihre Worte auslösen, genug Raum bekommen. Bravo, Lilan!


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