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„Die Nächte auf ihrer Seite“
S. 16: Reigen

In drei Wochen erscheint mein Roman „Die Nächte auf ihrer Seite“. Er spielt in Berlin, Leipzig und Kairo. Was es mit den 25 Paaren auf sich hat, die sich in einem Innenhof die Klinke in die Hand geben, verrate ich noch nicht, aber hier ist das Paar von Seite 16:
Das Paar geht Hand in Hand durch den Innenhof und kommt eine Stunde später in der gleichen Verhaftung wieder zurück. Hat es auf dem Hinweg noch ausgesehen, als spielen die beiden das Händchenhalten nur vor, wirkt es auf dem Rückweg, als imitieren sie sich selbst.
»Ich verlass mich auf dich«, sagt die Frau.
Der Mann nickt, die Frau nickt – beide kurz und hart wie Trapezkünstler vor dem Absprung.
TAU im KIT
Die Klasse Grosse, die mir so sehr am Herzen liegt, weil wir seit Jahren so gut zusammen arbeiten, dass es kaum zu glauben ist, zeigt gerade eine Ausstellung im KIT (Kunst im Tunnel) in Düsseldorf. Sie ist jetzt bis zum 22. 2. verlängert, und ich kann nur sagen: Go!
Für das Künstlerbuch, das zur Ausstellung erschienen ist, habe ich einen Text geschrieben:
Quecksilber
Text von Annika Reich
that’s all we do/that’s a plenty/plenty of rebound / how breathtaking / a fantasy draft at your fingertips
Mit diesen Worten eröffnet TAU. Ich habe sie noch im Ohr, als meine Füße die steile Treppe des KIT hinuntersteigen. Ich bin also schon mittendrin und kann nicht mehr denken: bevor es überhaupt losgeht; die hör-, aber unsichtbaren Bilder haben den Beginn der Ausstellung am Fuße der Treppe eingeholt. Die erste Grenze ist keine gewesen. Das hölzerne Paar Unsichtbarkeit/Sichtbarkeit ist schon im Vorspiel aus seiner Contra-Starre geschüttelt.
Noch bevor meine Füße die letzte Stufe verlassen haben, hat sich mein Blick schon von mir weg beschleunigt – in die Streuung der Styroporkügelchen hinein: a fantasy draft / at your fingertips. Decke und Boden nähern sich hier, im Kopfteil des KIT, immer weiter an, bedrängen den Körper und nehmen den Blick gefangen. Ob es an der Kombination aus Bedrängung und Streu- ung liegt, weiß ich nicht, aber mein Blick liegt nun in diesem Gemenge versprengt und sieht sich dort in den Einzelheiten materialisiert. that’s a plenty. Ich sehe also die Bildlichkeit meines Blicks im Bild verkörpert und es dauert, bis ich meinen 1000-fach verstreuten Blick dort wieder einsammeln kann.
Dem Tempo, mit dem sich mein Blick den Anziehungskräften hingegeben hat, kann mein Körper nicht folgen. Die Schwerkraft … Weil der Körper träge ist, ist zwischen ihm und dem Blick ein Riss entstanden. Wenn die Bildlichkeit so körperlich geformt ist, dann ist sie immer beides: Ermächtigung und Verschwendung des Körpers; dann entsteht sie immer durch das Reißen – das Reißen des Sinns, der Einheit, der Welt.
Meinen fingertips ist das egal und zu theoretisch, sie wollen dorthin, wo mein Blick längst ist – ins Konkrete, ins materialisierte Imaginäre, in die Farbe. Die Farben leuchten unmittelbar ein, folgen keiner bestimmten Sinnordnung, sondern stehen für die Irreduzibilität der Erfahrung. Ich knie mich hin und (be)greife rein.
—04.02.2015Mein neues Cover
Das ist es. Das Cover meines neuen Romans, der am 23. Februar im Hanser Verlag erscheint. Ich wusste sofort, als ich die Zeichnung gesehen habe: jetzt haben wir’s endlich gefunden, obwohl oder gerade weil mich das Bild so irritiert.
Jetzt hat Stefan Mesch es dem Trend 05 der Cover von 2015 zugeordnet: Weird Retro Women. Und das gefällt mir sehr. Oder: hin und weg eben.
—16.12.2014Segen to go – oder mein spiritueller One-Night-Stand
Was bedeutet es für die Welt, in der wir leben, wenn in Berlin Tausende Schlange stehen, um umarmt zu werden?
Das wollte ich wissen. Also bin ich in die Treptower Arena gefahren, habe mich mit all den Anderen in die Schlange gestellt und mich von Amma umarmen lassen.
Wie das war und was mir dabei über unsere Gesellschaft klar geworden ist, lesen Sie auf meinem neuen Blogbeitrag auf Faz.net „Ich. Heute. 10 vor 8.“:
Segen to go.
Lieblingsbücher in der Autorenbuchhandlung
Am Samstag, den 6. Dezember, um 14 Uhr erzähle ich in der Autorenbuchhandlung am Savignyplatz in Berlin etwas über meine Lieblingsbücher.
Über Moby Dick und das Internet, über Flaschen, Teppiche und Töpfe bei Vilém Flusser (der Herr mit den beiden Brillen), über Chimamanda Ngozi Adichie und warum ich bei der Lektüre ihres Romans „Americanah“ mehr über Rassismus gelernt habe als in meinem Ethnologiestudium, über die Risiko-Rasanz von Helene Hegemann und den schönen Mut von Daniel Schreiber, über meine Verneigung vor Nabokov und warum ich immer noch am besten aus den Büchern meines Lehrers Dietmar Kamper ins Denken springen kann.
Als Überraschungsgast bringe ich Lena Dunhams Übersetzerin mit: die wunderbare Sophie Zeitz.
—05.12.2014


